von Andrea Oberhofer.
Der Schmerz in der Schulter, manchmal auch bis in den Arm ausstrahlend, ist ein weit verbreitetes Problem. Die Patienten klagen über Schmerzen, die sich über die Schulter in den vorderen oder hinteren Arm ziehen oder die im Gelenk sitzen. Manchmal kommt der Schmerz auch vom Nacken her und strahlt bis in den Arm. Die Diagnose des Arztes lauten dann: „Cervicobrachialsyndrom“ (Nacken-Schulter-Syndrom), oder „Impingementsyndrom“ (Engpass-Syndrom). Oder es liegt schon ein Verschleiß vor. Dann hat man bereits einen Anriss der Rotatorenmanschette oder der langen Bizepssehne. Die Schulter ist unser beweglichstes Gelenk, aber leider auch unser instabilstes und daher auch sehr anfällig für Schädigungen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Gelenken wird die Stabilität hier nicht primär durch die Knochen, sondern durch Bänder und den Muskelapparat gewährleistet.
Ich möchte auf eine der häufigsten Diagnosen ein wenig genauer eingehen:
Das Impingement-Syndrom
Hierbei handelt es sich um die Reizung der Sehne des Muskels supraspinatus, unter der der Schulterhöhe. Der Patient gibt Schmerzen besonders bei der Hebung des Armes über außen innerhalb eines bestimmten Bewegungsradius an. Dabei kommt die meist unter der Reizung verdickte Sehne dieses Muskels in eine Engstelle und der Schmerz strahlt bis in den Oberarm. Besteht das Problem schon länger, kann es zu einer Entzündung des Schleimbeutels (Bursitis subacromialis) kommen.
Auffällig dabei ist, dass diese Patienten aber auch oft Ruheschmerzen haben, also nachts. Sie können dann nicht auf der Seite liegen, da ihnen die Schulter schmerzt. Oder sie haben Schmerzen in der Schulter wenn sie länger sitzen. Interessanterweise gehen diese Patienten selten schweren körperlichen Tätigkeiten nach. Meistens haben sie eine Bürotätigkeit. Wie kommt es also bei geringer Belastung zu einer Reizung in der Schulter? Doch wohl nicht durch die Bewegung der Computer-Maus? Und warum haben diese Patienten auch oft Schmerzen nachts, wenn die Schulter doch eigentlich entlastet ist?
Um dieses Phänomen zu verstehen, möchte ich einen Ausflug in eine andere Richtung machen:
Wie werden eigentlich unsere Muskeln, Sehnen und Bänder versorgt? Wie werden unsere Gewebe ernährt? Ja, sicher durch die Blutzufuhr. Sie versorgt Muskeln, Sehnen und Bänder sowie das Bindegewebe mit Nährstoffen und Sauerstoff. Also, die Gewebetrophik wird durch die ausreichende Durchblutung gewährleistet. Und wie wird diese geregelt? Welches System im Körper regelt die Durchblutung? Es ist das vegetative oder autonome Nervensystem.
Wenn es um die Durchblutung geht denkt man in der Regel nicht gleich an das vegetative Nervensystem, sondern erst einmal an das Gefäßsystem. Das ist auch richtig, aber die Durchblutung der Gewebe, also auch unserer Muskeln und Bänder, wird durch das Vegetativum geregelt. Denn es regelt die Weit- oder Engstellung der Gefäße (und nicht nur die autonome Funktion der Organe!). Die autonome Anpassung der Gefäße ist zum Beispiel bei Kälte entscheidend: damit es nicht zur Unterkühlung lebenswichtiger innerer Organe kommt, wird die Durchblutung in der Peripherie durch die Engstellung der kleinen Hautgefäße gedrosselt und die Blutmenge eher in den Körperkern verlagert. So kommt es zu den kalten Händen im Winter. Unangenehm, aber überlebenswichtig.
Das andere Beispiel wäre die Durchblutung der Beinmuskulatur bei einem Läufer. Hier steuert unser Vegetativum die Mehrdurchblutung bei Aktiviät. In einem anderen Bereich wird gleichzeitig die Blutmenge reduziert, zugunsten der Mehrdurchblutung einer anderen Körperregion, hier der Beine, denn die Versorgung der Verdauungsorgane ist beispielsweise bei einem Dauerlauf nicht so wichtig. Das passiert also alles autonom, ohne unser Zutun. Jetzt aber zurück zu unserer Schulterproblematik und dem Impingement-Syndrom:
Also, welche Gründe gibt es für eine Reizung in der Schulter, speziell dieser Muskulatur, wenn es eine Überlastung nicht ist? Es könnte eine unzureichende Stoffwechsellage, also verminderte Durchblutung sein! Eine verringerte Gewebeernährung führt über kurz oder lang immer zu einer Schwachstelle (Lokus minoris resistentiae). Und wie kann es dazu kommen? Eine Störung der vegetativen Durchblutungsregelung der Schulterregion wird sehr häufig ausgelöst durch eine Blockierung in der Brustwirbelsäule, speziell in dem Bereich TH5 und TH4.
Diese führt zu einer Triggerung mit Fehlfunktion des Sympathikus-Grenzstranges, der dadurch direkt irritiert wird, wenn durch eine Blockierung der Grenzstrang regional vor den Rippenköpfchen gequetscht wird.
Dies kann man vergleichbar sehen wie einen Bandscheibenvorfall, hier aber im Vegetativum. Dann arbeitet der Sympathikus in diesem Bereich ohne Rückkopplung ständig und stellt wie in diesem Beispiel die Gefäße im Bereich der Schulterregion dauerhaft enger. Dies führt dann zu einer Trophikstörung und regionalen Reizung der betroffenen Strukturen. Dies kommt im Bereich von Engstellen (hier der Sehne des Muskels supraspinatus unter dem Schulterdach) am meisten zum Tragen und daher dort zu Schäden.
Behandlung von Schulterschmerzen mit der Sympathikus-Therapie
Wie nun aber löse ich das Problem therapeutisch und verbessere die Situation? Mit der Sympathikus-Therapie macht man folgendes:
- Durch sanftes betupfen des Tenderpunktes auf dem zugehörigen Rippenbogen mit anschließendem Kleben eines Ohrsamenpflasters (löst die Verspannung)
- Durch eine direkte Mobilisation des betroffenen Wirbels – der Dornfortsatz des betroffenen Wirbels ist zur gestörten Seite hin verdreht und muss gerade gerichtet werden. Dadurch wird auch die Stellung der Rippe normalisiert. Hinweise für die Behandlung mit der Sympathikus-Therapie sind ein vorhandener Ruheschmerz des Patienten oder eine Verschlechterung der Beschwerden in Ruhe. Dann macht man eine Probebehandlung. War der Wirbel die Ursache, führt es sofort zu einer Verbesserung der Schmerzsymptomatik des Patienten.